
Louise Kappius als Nessa
Im Juni habe ich an der 3. Überarbeitung von ÖDLAND IV weitergearbeitet und Kapitel 49 (von 71) erreicht. Wir liegen damit weiter im Zeitplan. Außerdem konnte ich im Juni endlich das lang geplante Fotoshooting für das ÖDLAND IV Cover realisieren.
Nach Sichtung der Vorschläge von Berliner Kindercastingagenturen und einer Reihe von Vorgesprächen mit Kandidatinnen und ihren Müttern habe ich mich schließlich für Louise Kappius von der Agentur KINOKIND (Beate Kurecki) entschieden. Sie gehörte von Beginn an zu meiner engeren Auswahl. Testfotos konnten mich schließlich überzeugen.

Patinierdienst
Sie besitzt die Verletzlichkeit und die Wandlungsfähigkeit, die ich mir für die Figur Nessa gewünscht habe.
Nachdem die Rolle besetzt war, konnte ich mich um das Kostüm kümmern. Louise besaß eine Reihe ausrangierter Kleider. Wir entschieden uns für ein weißes Kleid, was im nächsten Schritt auf alt getrimmt werden musste.

Kostümprobe
Es sollte nicht zu dreckig und zerschlissen aussehen, denn Nessa achtet in der Geschichte auf ihre Sachen, wäscht das Kleid regelmäßig mit Pfützenwasser und repariert es mit Klebeband. Für schmutzige Kostüme gibt es in Berlin eine Spezialistin: Sabine Kubat vom PATINIERDIENST.

Kleid mit Patina
Wer sein Kostüm in einem vorher genau definierten Grad professionell patinieren lassen möchte, der ist bei ihr an der richtigen Adresse. Von ihr stammt die Idee, dass die Kinder ihre Kleidung mit Klebeband reparieren, außerdem hat sie die Knöpfe ausgetauscht und große und kleine hinzugefügt.
Model und Kostüm waren organisiert, fehlte nur noch die Location. Dieser Punkt entpuppte sich als schwieriger, als zunächst gedacht. Ich hatte eine Reihe von Orten im Kopf, an denen ich bereits Shootings gemacht hatte. Unter anderem die verfallene Brauerei, in der die Fotos für das ÖDLAND I Cover entstanden sind. Das Problem: Für verfallene Gebäude gibt es in den meisten Fällen keinen Ansprechpartner. Niemand fühlt sich zuständig und im Zweifelsfall überwiegen Sicherheitsbedenken. Eine Genehmigung zu bekommen ist so gut wie aussichtslos.

Rundlokschuppen, Blick von der Autobahn, Foto: J. Schallenberg
Die Suche in Friedrichshain blieb ergebnislos. Schließlich verabschiedete ich mich von der Idee des ranzigen Hinterhofs und dehnte meine Recherche auf ganz Berlin aus. Unter anderem sah ich mir das Kinderkrankenhaus Weißensee (Hansastr. Ecke Buschallee) an. Hier gab es die Durchblicke, nach denen ich suchte, doch der verfallene Komplex ist extrem marode und eher eine Halde, als eine Location.
Schließlich entschied ich mich für den alten Rundlokschuppen am S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf. Seit ich in Berlin lebe, (immerhin bereits seit 15 Jahren,) denke ich, jedes Mal, wenn ich auf dem Autobahnzubringer Berlin in Richtung Norden verlasse, (oder von dort zurückkomme,) dass ich mir dieses geheimnisvolle, runde Gebäude endlich mal aus der Nähe ansehen will.

Zugewachsener Lokschuppen
Gedacht, getan. Fünfzehn Jahre später stand ich also vor dem alten DDR-Rundlokschuppen, der ein Drehkreuz zum Rangieren und Platz für zweihundert Lokomotiven hat. Mindestens. Das Ding ist gewaltig.
Ich hatte zunächst Bedenken, was den Zugang zur Halle angeht, doch das Tor steht offen und sämtliche Zäune, die den Schuppen mal umgeben hatten, waren entfernt worden. Man konnte problemlos mit dem Auto vorfahren.
Der Sonntag des Shootings nahte. Das Wetter war perfekt, wolkenlos und windstill. Nachdem Louise, ihre Mutter Judith und Sarah Huzel, die Maskenbildnerin, eingetroffen waren, habe ich das Equipment durch ein offenes Fenster in die Halle gewuchtet.

Set mit 20 x 20 Butterfly, Foto: J. Schallenberg
Mit einem 20 x 20 Butterfly nahm ich dem Sonnenlicht die Härte. Ein Reflektor sorgte für Aufhellung und Augenlicht.
Sarah Huzel, die Maskenbildnerin, passte das Kind in Schmutzigkeit und Farbton an das präparierte Kleid an, während sich Louise selbstständig mit einem Eyeliner kryptische Tattoos auf die Finger malte.
Ich begann das Shooting mit einer Reihe von Details: Hände, Füße, kaputte Stellen am Kleid und ungewöhnlichen Perspektiven, die auf dem Cover nicht zu sehen sein werden, aber für die Arbeit des Coverdesigners Colin M. Winkler wichtig sind. Auf ihnen werden Texturen besser sichtbar, wie z.B. die des Kreidepulvers auf der Haut.

Louise in der Maske
Im Anschluss machte ich Fotos in allen Körperhaltungen und Emotionen, die uns interessant erschienen. Von lauernd bis verlassen. Ich bin noch unentschlossen, was den Ausdruck angeht, der am Ende auf dem Cover von ÖDLAND IV zu sehen sein soll. Ein drohender Blick ist spannend, aber die dargestellte Figur soll nicht unsympathisch wirken. Es geht eher um Verlorenheit, das Gefühl der Schutzlosigkeit und die Gewissheit sich auf niemanden verlassen können. Die hinterhältigen Tricks verwilderter Kinder in der Stille der Nachwelt.

Maskenbildnerin Sarah Huzel
Hatten wir die Halle in den ersten Stunden noch für uns, begann am Nachmittag ein wahrer Ruinentourismus. Parallel zum Shooting beschallte uns eine Gruppe mit übersteuerter Musik, während eine andere eine Choreografie für ein Musikvideo probte. Ein dritter Personenkreis gab sich Nachhilfe in tantrischen Fesselkünsten. Das passte alles nicht so wirklich zusammen, war aber erstaunlich unproblematisch.
Im Vorfeld bereiteten mir diverse Dinge Sorgen: Wird das Tor der Location wirklich offen sein? Kommt die Maske auch pünktlich? (Langer Anfahrtsweg.) Ist das Kind gesund? (Am Tag vorher noch im Krankenhaus.) Etc. Im Nachhinein stellten sich meine Bedenken als unbegründet heraus. Alles klappte wie am Schnürchen und ich bin mit dem Ergebnis sehr glücklich. Ich möchte mich bei allen Beteiligten noch einmal ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit bedanken.

„Folge dem Stern!“ Foto: J. Schallenberg
Ich werde die Fotos in den kommenden Wochen an dieser Stelle posten. Als treueR ÖDLAND-LeserIn kannst Du uns wieder bei der Covergestaltung unterstützen und uns Deine Meinung zu den Fotos sagen.
Fotoshooting ÖDLAND IV Cover:
- Agentur: KINOKIND Beate Kurecki
- Patinierung Kostüm: PATINIERDIENST Sabine Kubat
- Location Scout: Boris Kraschin
- Maske: Sarah Huzel
- Equipment: LFB Lichtforum Berlin
- Location: Rundlokschuppen S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf
- Set Fotos: Judith Schallenberg
- Model: Luise Kappius
- Produktion / Fotos: LUCID DREAMS Christoph Zachariae

Maschine im Lokschuppen
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